Werner Kügel


GESCHICHTE UND GEDICHTE DES PEGNESISCHEN BLUMENORDENS


Viertes Buch: 1894 bis 1944




VORBEMERKUNG


 

Nur zwei Jahre hat es diesmal gedauert, bis zum Dritten Buch (1844 bis 1894) der Folgeband fertiggestellt war. Das gehört zu den Vorzügen des Ruhestandes.


In dem einen Jahr des Exzerpierens im Germanischen Nationalmuseum, wo das Archiv des Pegnesischen Blumenordens aufbewahrt wird, ist derart viel Material angefallen, daß ich ein doppelt so umfangreiches Buch hätte herstellen können. Es hätte an Farbe und Bezügen gewonnen, aber an Übersichtlichkeit verloren. Gerne stelle ich das überschüssige Material jemandem zur Verfügung, der ein alternatives Buch zum Thema „Ordensgeschichte“ schreiben will. Ob ein solcher Jemand aber zu anderen Schlüssen käme, wage ich zu bezweifeln.


Was sich aus den Daten und Fakten nämlich schließen läßt, ist über den Beobachtungszeitraum hinweg immer unerfreulicher, bis am Ende ein schwaches Licht am Ende des Tunnels erscheint. Der Blumenorden ist den Weg der deutschen Gesellschaft mitgegangen, wie er es eigentlich immer getan hat und bis heute tut, in der Regel mit einem Phasenabstand von zehn Jahren. Wie kann es anders sein, wenn die Aufnahme neuer Mitglieder meist über persönliche Beziehungen ohne Rücksicht auf Weltanschauung und Qualifikation erfolgt und kein Programm zugrundeliegt. Hätte der Orden ein solches, wäre er irgendwann veraltet. Im Berichtszeitraum schrumpfte die Phasenverschiebung allerdings auf Null.


Es war zu zeigen, wie der Orden in der wilhelminischen Zeit einen prächtigen Aufschwung hinlegte, parallel zur Wirtschaft, Industrie, dem allgemeinen Kulturbetrieb und der Gesellschaft als ganzer, aber, ebenso wie diese, weltanschaulich immer zerrissener und moralisch hohl wurde. Im 1. Weltkrieg und einige Zeit danach lebte eine Epoche der Suchenden auf, doch die Inflation, welche die Bürgerlichen, besonders diejenigen ohne Eigentum an Produktionsmitteln, in nicht vorhersehbarer Weise traf, nahm vielen den Mut und führte zu einem Lagerdenken, das auf Verteidigung des nicht mehr Hochzuhaltenden fixiert war. Nach kurzer Erholung, die sich sofort im Grade der Aufgeschlossenheit des Blumenordens zeigte, bewirkte die Weltwirtschaftskrise ein übriges, um jene Verbitterung entstehen zu lassen, in der radikale Unmenschlichkeit gegenüber den vermeintlichen Feinden und lemminghafte Opferbereitschaft die vor kurzem noch recht vernünftigen Menschen erfaßten. Dies ist keine Entschuldigung. Doch dem Verfasser widerstrebte, sich auf den selbstgerechten Standpunkt des nachgeborenen Besserwissers zu stellen. Aus den Archivalien heraus sprechen zu lassen, wie es zuging, war das Bestreben. Und schon am Anfang der Nachforschungen war klar, daß das deutsche Volk nicht besonders verführt werden mußte, um sich die Große Schande einzuhandeln; das Gerüst dazu war schon lange gebaut worden. Nur die Maschinerie fehlte.


Solche allgemeinen Betrachtungen und Folgerungen sind nach all den Jahren der Vergangenheitsbewältigung ja nichts Neues. Es ist auch nicht zu erwarten, daß neuere Erkenntnisse, die es gleichwohl geben kann, an der summarischen Einschätzung noch etwas ändern. Dieses Buch hat eine andere Funktion. Es ist nicht von einem Historiker geschrieben. Es ist von einem Literaturhistoriker verfaßt, der den Anschluß an die neuesten Methoden und Theorien seiner Zunft schon lange verloren hat. Das hier ausgegrabene und zur Schau gestellte Material empfiehlt sich hingegen der näheren Untersuchung durch Fachleute und der Verwendung in literaturwissenschaftlichen Studien, die um eine derart aufschlußreiche Erscheinung wie den Pegnesischen Blumenorden, Barockforschung ausgenommen, immer einen Bogen gemacht haben.


 

Nürnberg, 11. 3. 2017                                                                                          Werner Kügel


 


 


Inhalt



Teil IX: Der Blumenorden im Glück



Neunter Abschnitt: Resonanzboden der Literaturentwicklung



Teil X: Die unwissentliche Abdankung



Zehnter Abschnitt: Rückzug vom Literaturgeschehen



Teil XI: Üble Gesinnungen honoriger Menschen



Elfter Abschnitt: Im Schneckenhaus


 


Die als „Teile” bezeichneten Kapitel betreffen einen Abriß der Geschichte des Pegnesischen Blumenordens anhand seiner Satzungen, während die als „Abschnitte” bezeichneten Kapitel von der Poesie der Pegnesen handeln.


Die Internetfassung enthält keine der Anmerkungen, Kolumnentitel und Register, die in der gedruckten Fassung vorhanden sind.


Sämtliche Abbildungen beruhen auf eigenen Aufnahmen des Verfassers aus dem Archiv des Pegnesischen Blumenordens.